Aktuelle Seite: Startseite Fahrzeuge Wagen "Hm 13.09.24": Wiederinbetriebnahme unseres vierachsigen Umbauwagens
Anfang des Jahres 2016, 50 Jahre nach seiner Inbetriebnahme, ist der vierachsige Halb-Gepäckwagen der Umbauwagen-Bauart BDyg531 mit der historischen Betriebsnummer „98069 Köl“ zur Museumseisenbahn Hamm gekommen. Nachdem er als einer der letzten seiner Art 1994 in Köln ausgemustert wurde, gelangte er nacheinander zu zwei verschiedenen Museumseisenbahnen, ehe wir ihn übernehmen konnten.
Nun konnten maximal gut 300 Fahrgäste in dem Wirtschaftswunderzug der frühen Deutschen Bundesbahn befördert werden. Bis zum Ende seiner Untersuchungsfrist wurde er oft gemeinsam mit den anderen Umbauwagen eingesetzt, danach musste er abgestellt werden.
Umgebaut bzw. auf alten Fahrgestellen neu aufgebaut sollten sie zwischen zehn und 20 Jahren im Einsatz bleiben. Wegen des chronischen Finanzmangels der alten Deutschen Bundesbahn wurden es für viele Wagen deutlich mehr Jahre, da die DB nicht in der Lage war, sie rechtzeitig durch moderne Fahrzeuge zu ersetzen.
Leider ist in den ersten 20 Jahren seiner musealen Vergangenheit bis auf eine solide Aufarbeitung der amerikanischen Schwanenhals-Drehgestelle relativ wenig am weiteren Erhalt seiner Substanz getan worden. Und bei der Bundesbahn lief der Wagen in den letzten Jahren im Auslaufbetrieb, wo nur noch sicherheitsrelevante Reparaturen ausgeführt wurden, damit er bis zur absehbaren Ausmusterung durchhielt. Kurz gesagt: Seit über 40 Jahren hat er keine allumfassende Sanierung des Fahrzeugkastens mehr erhalten, was aber zu Beginn seines Einsatzes in dieser Form wegen der kurzen geplanten Lebensdauer auch gar nicht vorgesehen war.
rottiger Fußboden neuer Fußboden
Und auch uns ist das gesamte Ausmaß der nötigen Arbeiten nicht sofort aufgefallen, da vieles halt einfach verdeckt in der Tiefe lag. Daher wurde 2016 zuerst der Fußboden des Gepäckabteils Instand gesetzt, da dort die größten Mängel vermutet wurden. Außerdem hat eine Fachfirma Schweißarbeiten an der Außenhaut vorgenommen, die wir allerdings neben neueren Schäden jetzt teilweise nacharbeiten mussten.
neue Fensterausschnitte Grundierung für den Neulack
Nachdem andere Projekte vorerst Vorrang hatten, haben wir im Winter 2022/2023 die heiße Phase der Wiederaufarbeitung gestartet. Dass er Schwächen in der Substanz hatte, die wir nachhaltig beseitigen wollten, wussten wir. Was wir dann nach der Entkernung vorgefunden haben, war sehr ernüchternd. Praktisch der gesamte Fußboden musste entfernt werden und Rostnester in der Außenhaut sowie in den Fensterausschnitten wurden sichtbar, als die Innenverkleidung abgebaut war. Das war eine Kleinarbeit, die auf dem ersten Blick sehr unscheinbar, tatsächlich aber ein riesiger Aufwand war.
Fußbodenlattung auf den Bodenblechen, Blechteile mit Schutzanstrich versehen
Zuerst wurde natürlich der noch vorhandene Rost entfernt und verrostete Bleche ausgeschnitten, so dass die neu einzuschweißenden Bleche sauber anschließen konnten. Ein neuer Unterboden wurde eingeschweißt. Auf diesem Fußboden wurde ein Rahmen für die neuen Fußbodenplatten angebracht, mit Wärmedämmung aufgefüllt und darauf neue Bodenplatten verlegt. Das machte schon mehr Freude anzusehen, weil das echte Fortschritte waren, die auch optisch auffielen. So etwas motiviert mehr, als monatelang zurückzubauen oder Bleche und Träger blank zu schleifen.
neu bezogen und gepolsert, neuer Fußbodenbelag
Nach Beendigung der Schweißarbeiten konnten die Seitenwände ebenfalls wieder isoliert und die Innenverkleidung, nachdem sie gründlich gereinigt wurde, angebracht werden. In der Zeit wurden die Innenwände neu nach altem Vorbild der 70er Jahre lackiert. Ein neuer Fußbodenbelag wurde verlegt und die Sitze wieder aufgebaut. Diese hatte in der Zwischenzeit der Hammer Raumausstatter Ringkamp mit einem neuen Bezug versehen, den wir nahe dem Original, das leider nicht mehr verfügbar ist, ausgewählt haben. Seitdem ist das Sitzgefühl ein völlig anderes, da die Federkerne vorher größtenteils durchgesessen und auch ersetzt waren.
Über diese vielen Arbeiten war gut ein Jahr vergangen, und nun standen die Lackierungsarbeiten der Außenhaut an. In der Schlussphase wurde die gesamte elektrische Anlage erneuert. Die beiden Lichtmaschinen an den Drehgestellen und ihre Riemenantriebe wurden gewartet und teilweise durch Tauschteile ersetzt, und auch die Verkabelung im Wagen völlig erneuert. Die Leuchtstoffröhren aus der Bundesbahnzeit wurden gegen LED-„Röhren“ getauscht, so dass auch der Strombedarf des Wagens deutlich gesunken ist und längere Standzeiten mit Innenbeleuchtung möglich sind. Die alten Lichtkuppeln sind natürlich erhalten geblieben, so dass der historische Eindruck bewahrt blieb.
Neben diesen umfangreichen Maßnahmen in Sachen Substanzsicherung und „Schöner Wohnen“ gibt es natürlich auch sicherheitsrelevante Pflichten, die wir erfüllen mussten. Dazu gehört eine Prüfung von Zug- und Stoßvorrichtungen, den Drehgestellen mit Rädern und Achswellen und der Bremsanlagen, die dazu komplett demontiert, gereinigt und besichtigt wurden. Verschlissene Bolzen und die Bremsklötze wurden ersetzt. Das klingt nach der langen Beschreibung der anderen Arbeiten wenig, hat aber auch viel Zeit gekostet und ist vor allem die Basis für eine Wiederinbetriebnahme des Wagens, denn hier geht es um Betriebssicherheit. Dazu gibt es seitens der Aufsichtsbehörde keinen „Rabatt“ für Museumseisenbahnen, weil auch sie auf dem öffentlichen Netz der Deutschen Bahn oder auch anderer Gleiseigentümer fahren und dort keine Gefahr darstellen dürfen.
Im August und September hat er zwei Werkstattprobefahrten absolviert, die letzte mit 120 km/h, seiner zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Danach konnte man ihm die erfolgreiche Hauptuntersuchung bescheinigen, die mit mit der Anschrift „Hm 13.09.2024“ am Fahrzeug angeschrieben wurde, so wie es vorgeschrieben ist. Danach wurde die Wiederinbetriebnahmeerklärung unterzeichnet und der Wagen damit wieder für sechs Betriebsjahre freigegeben.
Dies alles haben - wo nötig – Fachbetriebe wie unsere beiden Nachbarn Montanhydraulik und die Schreinerei Nettebrock sowie verschiedene interne und externe Facharbeiter, die Kräfte unserer ABM-Maßnahme sowie viele zuarbeitende Helfer des Vereins gemeinsam geschafft.
Erneuerung der Markierungen an den Radreifen
Man kann ohne zu übertreiben sagen, dass der Wagen wieder so gut wie neu ist und damit in der Zukunft deutlich weniger Aufwand bei einer Hauptuntersuchung verursachen wird. Und darauf sind wir mächtig stolz.
Weiter geht es derzeit mit dem bauartähnlichen AByg503, den wir vor einigen Jahren übernehmen konnten. Sein Gesamtzustand ist ähnlich, wie wir feststellen mussten, da er lange abgestellt und dabei auch dem Vandalismus ausgesetzt war. Entkernt ist er bereits, und auch die Arbeiten an der Außenhaut sowie die Neulackierung sind bereits erledigt. Wir hoffen, dass wir diesen Wagen Ende nächsten Jahres in Betrieb nehmen zu können. Dann gibt es wieder viel über den Ablauf zu berichten.