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Der Heizwagen

Sehr unerwartet ist ein Heizwagen aus dem Jahr 1941 in den Bestand der Museumseisenbahn Hamm gelangt. Fahrzeuge dieser Bauart haben Reiszugwagen geheizt, wenn entweder keine andere Möglichkeit bestand oder die Zuglok die angehängten Wagen nicht heizen konnte. Auf die Frage: „Der muss da weg, könnt Ihr den gebrauchen?“, folgte im September 2021 eine erste Besichtigung des Wagens im Bf. Stützerbach am Rennsteig, die dann letztlich im Kauf mündete. Seit Januar 2022 steht der Wagen in Hamm zur Aufarbeitung.

Hier kurz nach der Ankunft in Hamm, Jan. 2022 

Nehmen wir das Motiv, den Wagen zu erwerben, gleich vorweg: Wir haben zwei Museumszüge, die ausschließlich per Dampf beheizbar sind, so wie es früher üblich war. Bisher hat dies die V 200 033 mit ihrem Kessel leisten können. Dieser Kessel existiert aufgrund irreparabler Schäden leider nicht mehr, eine Neufertigung ist vorerst nicht bezahlbar. 

Außerdem hat die Museumeisenbahn ebenso unerwartet vor zwei Jahren 194 158-2 als Dauerleihgabe übernehmen können und sie einer Hauptuntersuchung unterzogen, so dass auch sie als Zuglok für Sonderfahrten zur Verfügung steht. Da sie nur eine elektrische Zugheizung versorgen kann, braucht sie, wie aktuell auch die V 200, bei Fahrten mit kaltem Wetter Heizunterstützung. Die kann derzeit nur die 212 079-8 geben, weshalb sie dann als zweite Lok mitgeführt werden müsste. Außerdem eröffnet es die Option, auch jede beliebige Fremd-Lok vor unseren Zügen einzusetzen.

Und schlussendlich kann der Heizwagen auch die Maschinenanlagen der beiden Dieselloks vorwärmen, da diese nicht kalt gestartet werden dürfen. Üblicherweise macht das der Heizkessel, der auch den Dampf für die Zugheizung erzeugt. Es gibt also eine Reihe von Gründen, die den Erwerb, neben der Eisenbahn historischen Bedeutung, attraktiv gemacht haben.

Das Fahrzeug entstammt einer Serie, die während des 2. Weltkriegs von der Deutschen Reichsbahn auf der Basis von Vorkriegsschnellzugwagen in Auftrag gegeben wurde und ihnen daher äußerlich ähnlich sind. Sie hatten ein hohes Eigengewicht, da sie neben 15 m3 Wasser auch noch ca 2 Tonnen Kohle aufnehmen mussten, um den kohlegefeuerten Heizkessel, ähnlich einem kleinen Dampflok-Kessel, beheizen zu können. Deshalb liefen sie auf den Drehgestellen Bauart „Görlitz III schwer“ und waren bis 140 km/h zugelassen.

Anschriften zur letzten Anstrichserneuerung, Blick auf das Drehgestell "Görlitz III schwer"

Während des Kriegs wurden sie überwiegend in Lazarettzügen verwendet, in denen verwundete Soldaten in die Heimat zurückgeführt wurden. Später sah man sie in kalten Wintern in langen Reisezügen zur Unterstützung der Zuglok bei der Beheizung der Wagen. Auch in Sonderzügen aus dem Ausland, die entweder gar keine elektrische Heizung oder eine mit einer nicht kompatiblen Versorgungsspannung besaßen, z.B. zur Beförderung der Gastarbeiter-Sonderzüge in den 60ern oder von Militärsonderzügen der Bundeswehr, wo meist Reisezug- und Materialwagen in einem Zugverband befördert wurden, konnte man sie noch sehen. Eine spezielle Aufgabe ab Mitte der 60er Jahre war auch die Beheizung der zwischen Hamburg und Lübeck verkehrenden langen Eilzüge, was eine Diesellok auch oft überforderte. Dazu erhielten einige Wagen, so auch unser, sogar eine Steuerleitung für Wendezüge.

1971 wurde der Wagen mit neun anderen mit einem modernen Hagenuk-Heizkessel einer V 160 ausgerüstet, so dass das umständliche Kohleladen über das Dach und das Entschlacken des Kessels durch den Fahrzeugboden entfallen konnte. Das stellte in Bahnbetriebswerken, die bereits nicht mehr von Dampfloks angefahren wurden, eine deutliche Arbeits-Erleichterung dar.

Ab Anfang der 80er Jahre bestand kein Bedarf mehr für Heizwagen, so dass viele zur Verschrottung abgestellt wurden. Lediglich eine Handvoll überlebte als Ballastwagen für Lastprobefahrten von Dieselloks, die eine Hauptuntersuchung erhalten hatten. Durch das Befüllen der Wassertanks konnte man ein fast beliebiges Gewicht für diese Züge erstellen.


Blick auf den Heizkessel

Dieser Wagen hat zu seinem Karriereende als Bahnhofswagen, also nicht mehr für Zugfahrten zugelassen, im Bayrischen Wald dort über Nacht abgestellte Kurswagen vorgeheizt. Anschließend wurde er dem DB Museum zugewiesen, um am Standort Neumünster ölgefeuerte Dampfloks beim Anheizen zu unterstützen.

Von dort wurde er an die Dampfbahn mittlerer Rennsteig weitergegeben, wo aber eigentlich kein Bedarf für ihn bestand und er praktisch nur abgestellt war, zuletzt lange Jahre im Bahnhof Stützerbach direkt an der Rennsteigbahn. Trotz seines herunter gekommenen äußeren Erscheinungsbilds vermittelte er doch einen sehr positiven Eindruck, da praktisch keine großen Durchrostungen an der Außenhaut dank des sehr dicken Originalbleches vorlagen und auch die Heizeinrichtung noch weitestgehend vollständig vorhanden war.

Auch da steckt eine Menge Arbeit drin, aber mit guter Zukunfts-Perspektive, eines Tags unsere Reisezugwagen im Winter zu beheizen. Ende 2021 konnte er erworben und im Januar 2022 nach Hamm überführt werden. Erste Sicherungsmaßnahmen wie Entfernen des Oberflächenrostes an den Seitenwänden verbunden mit einem teilweisen Schutzanstrich sind bereits durchgeführt. Als nächstes wird das Dach saniert, damit auch von dort kein Wasser mehr in das Fahrzeug eindringen kann. Parallel dazu verläuft die Überprüfung der technischen Einrichtung.

 

 

... und im Juli 2022, mit Schutzanstrich und Farbversuch.

 

Das Dachsegment über dem Heizkessel vorher ...

... und nachher mit dem Grundierungsanstrich.

Und der Wagenkasten mitsamt Dach im Herbst.

Das Ziel ist, den Wagen bis zum Winter soweit möglich äußerlich zu entrosten mit einem Schutzanstrich zu versehen. Aus diesem Grund wurde auch das Dachsegment abgehoben und am Boden gründlich behandelt.

Insbesondere über den Türen wird dies aber erst möglich sein, wenn die Schweißarbeiten in diesen Bereichen abgeschlossen sind. Konstruktionsbedingt sind diese Bereiche sehr rostanfällig durch Stauwasser, so dass hier größere Bereiche unterhalb des Dachüberstands sehr porös geworden sind.

Zwischenzeitlich haben auch weitere Untersuchungen des Fahrzeugs wie die Dokumentation der Verkabelung der einzelnen Komponenten stattgefunden. Außerdem konnte ein Stromaggregat übernommen werden, das sowohl den Heizkessel wie auch die Zugsammelschiene des Umbauwagenzugs mit Energie versorgen soll.


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